Bonava Deutschland
Machbarkeitsstudie für Nahwärmenetz
Am Rheinufer in Germersheim, wo früher Schiffe gebaut wurden, soll jetzt das Werftquartier entstehen. Um herauszufinden, wie dies am besten mit klimafreundlicher Wärme versorgt werden kann, führte BFE für Bonava eine Machbarkeitsstudie durch.
Als einer der führenden Projektentwickler im Wohnbau in Nordeuropa und Deutschland, legt Bonava viel Wert darauf, nachhaltige Wohnumfelder zu schaffen, in denen die Menschen nicht nur nachbarschaftlich und komfortabel, sondern auch umweltfreundlich leben können.
Das Werftquartier in Germersheim liegt direkt am Rhein, sodass früh die Idee aufkam, die Flusswärme über eine Wärmepumpe für die fossilfreie Wärmeversorgung des Quartiers zu nutzen. Um zu prüfen, ob das technisch möglich und wirtschaftlich sinnvoll zu realisieren ist, beauftragte Bonava BFE mit einer Machbarkeitsstudie.
Förderung für effiziente Wärmenetze
Im ersten Schritt übernahm BFE das Fördermittelmanagement. Über die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) wird sowohl die Dekarbonisierung bestehender Netze als auch der Neubau von Wärmenetzen, die zum Großteil auf erneuerbaren Energien basieren, gefördert. Dies umfasst auch die Erstellung von Machbarkeitsstudien zur Umsetzbarkeit und Wirtschaftlichkeit eines solchen Wärmenetzes.
Sobald der positive Förderbescheid vorlag, begann BFE mit der eigentlichen Studienarbeit. Hierfür war zuerst der Bedarf der Gebäude zu ermitteln. Zu diesem Zeitpunkt lagen jedoch noch keine konkreten Daten vor, es gab lediglich eine grobe Planung von fünf Mehrfamilienhäusern, einem Büroturm und einem Hotel. Deshalb arbeitete BFE überwiegend mit Standardlastprofilen für das Heizen und den Warmwasserbedarf dieser Gebäude.
Vier Varianten in der Betrachtung
Aufseiten der Wärmequelle stand neben dem Flusswasser des Rheins auch Geothermie als gebräuchliche Technologie im Raum. Diese Option wurde aus Kostengründen jedoch sehr schnell verworfen. Dafür brachte BFE eine andere Möglichkeit ins Spiel: die Nutzung des Abwassers der nahegelegenen Kläranlage. „Die Idee hatte außerdem den Charme, dass wir die Kläranlage positiv nutzen könnten. Denn dazu gibt es ab und zu Vorbehalte, obwohl man im Werftquartier überhaupt nichts von ihr mitbekommt“, erklärt Teresa Kummer, Projektleiterin bei Bonava.
Zu den zwei Varianten Flusswasser und Abwasser betrachtete BFE in der Machbarkeitsstudie jeweils zwei Untervarianten: Die erste bestand darin, die Wärme aus dem Rhein bzw. dem Abwasser über einen Wärmetauscher ins Netz zu übernehmen und den Temperaturanstieg für die Beheizung und Warmwasserversorgung dezentral mit einer Wärmepumpe für jedes Gebäude zu realisieren. Bei der zweiten Variante würde die aus dem Fluss- bzw. Abwasser entnommene Wärme zentral mit einer Großwärmepumpe auf 70 Grad Celcius gebracht und so bereits mit der erforderlichen Vorlauftemperatur an die Gebäude verteilt.
Abstimmungen und Berechnungen
Anhand verschiedener Daten von der Kläranlage und Messwerten des Rheinwassers sowie der ermittelten Bedarfe erstellten die Fachleute von BFE eine grobe Auslegung aller erforderlichen Anlagen, Leitungslängen und -verläufe für jede Variante mit den jeweiligen Kosten und Treibhausgasemissionen. „Dazu gehörten auch ein umfangreicher Austausch und Abstimmungen mit Behörden und Stadtwerken, die glücklicherweise BFE übernahm“, schildert Teresa Kummer. „Unsere Ansprechpartner von BFE haben uns immer auf dem aktuellen Stand gehalten. Das war wirklich interessant, denn diese Art der innovativen Wärmeversorgung haben wir so bisher noch nicht durchgeführt.“
Das Ergebnis der Machbarkeitsstudie: Die Nahwärmeversorgung über die Kläranlage ist die wirtschaftlichste und effizienteste Lösung. Das liegt vor allem daran, dass im Abwasser eine deutlich konstantere Wärme zur Verfügung steht als im Flusswasser. Während die Temperatur im Rhein im Winter auf bis zu drei Grad Celcius sinkt, hat das Abwasser das ganze Jahr hinweg relativ konstant ca. zehn Grad Celcius. Hinzu kommt, dass bei der Flusswasservariante auch Hoch- und Niedrigwasser des Rheins sowie Flora und Fauna zu berücksichtigen gewesen wären.
Als Untervariante erwies sich die dezentrale Wärmeerzeugung mit einer Wärmepumpe für jedes Gebäude als beste Lösung. Das hatte vor allem den Grund, dass der Platz für eine zentrale Großwärmepumpe nicht vorhanden war. Zudem waren die einzelnen Grundstücke bzw. Gebäude auf diese Weise einfacher separat zu betrachten.
„Ohne BFE wären wir wahrscheinlich gar nicht darauf gekommen, das Abwasser der Kläranlage als Wärmequelle zu nutzen – und das erwies sich schließlich als beste Option“.
Teresa Kummer, Projektleiterin bei Bonava